Von Babylon nach Königsberg

"Wir arbeiten jetzt hier unter etwas erschwerenden Umständen, denn es ist nicht weit von uns, dass sich die Türken mit den Engländern schlagen. Aber hoffentlich halten die Türken stand". So schloss Robert Koldewey seinen vom 5. August 1915 datierenden Brief an den J. C. Hinrichs Verlag in Leipzig. Doch seine Hoffnung erfüllte sich nicht: Die 1899 in Babylon begonnenen Grabungen mussten 1917 mit dem Einmarsch der Briten in Bagdad beendet werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Grabungsteam unter Koldeweys Leitung bereits die Prozessionsstraße von Babylon mit dem Ischtar-Tor und die Paläste von Nebukadnezar entdeckt. Das Ischtar-Tor befindet sich heute im Vorderasiatischen Museum in Berlin, Koldeweys Bericht erschien bereits 1918 unter dem Titel "Das Ischtar-Tor in Babylon: nach den Ausgrabungen durch die Deutsche Orient-Gesellschaft" in der Reihe der Wissenschaftlichen Veröffentlichungen der Deutschen Orient-Gesellschaft bei J. C. Hinrichs.

Beim Verlag J. C. Hinrichs veröffentlichten Wissenschaftler aus dem ganzen deutschsprachigen Raum, zudem viele Wissenschaftler, die zeitweilig auf Forschungsreisen in Ägypten oder im Nahen und Mittleren Osten weilten. So erreichten den Verlag Briefe aus Riga, Königsberg, Istanbul, Babylon oder Kairo.

Nach Königsberg unterhielt der Verlag J. C. Hinrichs vielfältige Kontakte. So erschienen bei Hinrichs Einzeltitel der "Königsberger historischen Forschungen", darunter "Ostraum, Preussentum und Reichsgedanke" des deutschnationalen und jüdischen Historikers Hans Rothfels (1935). Enger Kontakt bestand mit Baruch Ascher Felix Perles, dem stellvertretenden Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Königsberg. Er war seit 1899 Honorarprofessor an der Albertus-Universität und besprach zahlreiche Werke für die OLZ. Die weiten Distanzen behinderten die Kommunikation nicht: Am 9. Mai 1927 fragte der Verlag bei Perles an, ob das ihm von Gotthelf Bergsträsser zugesandte Besprechungsexemplar eines Deutsch-Hebräischen Wörterbuchs für die OLZ bestimmt sei. Die Anfrage wurde Perles von Königsberg nach Jerusalem nachgeschickt und bereits am 23. Mai 1927 von ihm beantwortet. Die letzte im Verlagsbestand erhaltene Postkarte von Perles stammt vom Oktober 1932, er starb im folgenden Jahr.

(Thekla Kluttig)